Schuften ohne Ende, aber eigentlich gilt das Arbeitsgesetz

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Schuften ohne Ende, aber eigentlich gilt das Arbeitsgesetz
Paradoxes spielt sich ab: Die Leute arbeiten bis zur Erschöpfung.

altDer Job bereitet ihnen schlaflose Nächte und Streit mit der Familie. Sogar der Chef bittet sie, der Gesundheit zuliebe endlich Feierabend zu machen. Trotzdem schuften sie weiter. Was hier vorgeht? Die sogenannte Vertrauensarbeitszeit hat in vielen Betrieben Einzug gehalten. Es gibt hier keine Regelungen mehr für die Arbeitszeit. Stempeluhren wurden abgeschafft. Wie viel oder wie wenig die Beschäftigten arbeiten, bleibt ihnen selbst überlassen. Hauptsache, das Ergebnis stimmt. Wie aber sehen die gesetzlichen Vorschriften aus?

Begriff der Arbeitszeit
Als Arbeitszeit gilt die Zeit, während der sich der Arbeitnehmer zur Verfügung des Arbeitgebers zu halten hat; der Weg zu und von der Arbeit gilt nicht als Arbeitszeit. Ist die Arbeit ausserhalb des Arbeitsortes zu leisten, an dem der Arbeitnehmer normalerweise seine Arbeit verrichtet, und fällt dadurch die Wegzeit länger als üblich aus, so stellt die zeitliche Differenz zur normalen Wegzeit Arbeitszeit dar. Muss sich ein Arbeitnehmer oder ein Arbeitnehmerin auf Anordnung des Arbeitgebers oder aufgrund seiner bzw. ihrer beruflichen Tätigkeit von Gesetzes wegen weiter- oder fortbilden, dann stellt die dafür aufgewendete Ausbildungszeit Arbeitszeit dar.

Pausen und Ruhezeiten
Den Arbeitnehmern sind mindestens folgende Pausen zu gewähren:

• eine Viertelstunde bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als fünfeinhalb
  Stunden;

• eine halbe Stunde bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als sieben Stunden;

• eine Stunde bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als neun Stunden.

Die Pausen sind um die Mitte der Arbeitszeit anzusetzen. Entsteht vor oder nach einer Pause eine Teilarbeitszeit von mehr als 5 1/2 Stunden, so ist für diese eine zusätzliche Pause zu gewähren.

Die Pausen gelten als Arbeitszeit, wenn die Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz nicht verlassen dürfen. Den Arbeitnehmern ist eine tägliche Ruhezeit von mindestens elf aufeinander folgenden Stunden zu gewähren. Die Ruhezeit kann für erwachsene Arbeitnehmer einmal in der Woche bis auf acht Stunden herabgesetzt werden, sofern die Dauer von elf Stunden im Durchschnitt von zwei Wochen eingehalten wird.

Wöchentliche Höchstarbeitszeit
Von entscheidender Bedeutung ist die arbeitsgesetzliche Höchstarbeitszeit. Diese beträgt für Arbeitnehmer in industriellen Betrieben sowie für Büropersonal, technische und andere Angestellte, mit Einschluss des Verkaufspersonals in Grossbetrieben des Detailhandels 45 Stunden, für die übrigen Arbeitnehmer 50 Stunden.

Überzeit
Arbeitsgesetzliche Überzeitarbeit liegt vor, wenn die wöchentliche Höchstarbeitszeit ausnahmsweise überschritten wird, namentlich wegen der Dringlichkeit von Arbeiten, für Inventaraufnahmen, bei Betriebsstörungen und ähnliches. Dabei darf die tägliche Normalarbeitszeit um maximal zwei Stunden am Tag überschritten werden - ausser an arbeitsfreien Werktagen und in Notfällen, und im Kalenderjahr insgesamt nicht mehr betragen als:

• 170 Stunden für Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit
  von 45 Stunden;

• 140 Stunden für Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit
  von 50 Stunden.

Der Arbeitnehmer ist zur Leistung von Überzeitstunden verpflichtet, soweit diese notwendig ist und sie ihm nach Treu und Glauben zugemutet werden kann. Nicht zumutbar ist Überzeitarbeit beispielsweise dann, wenn der Arbeitgeber durch eine zweckmässigere Arbeitseinteilung deren Notwendigkeit vermeiden kann, wenn ihm bei dauernd erhöhtem Arbeitsanfall vernünftigerweise die Einstellung weiterer Arbeitskräfte zugemutet werden kann oder wenn der betroffene Arbeitnehmer ausserberuflich ausgelastet ist oder aus gesundheitlichen Gründen nicht zusätzlich belastet werden darf.

Die geleistete Überzeitarbeit kann im gegenseitigen Einverständnis durch Freizeit von mindestens gleicher Dauer ausgeglichen werden. Die Freizeitkompensation kann jedoch weder einseitig vom Arbeitnehmer beansprucht, noch vom Arbeitgeber gegen den Willen des Arbeitnehmers diktiert werden. Der Ausgleich von Überzeit ist innert 14 Wochen vorzunehmen, sofern nicht eine längere Frist vereinbart wird, die aber 12 Monate nicht übersteigen darf.

Wird die Überzeit nicht durch Freizeit ausgeglichen, so hat der Arbeitgeber für die Überzeit Lohn zu entrichten, der sich nach dem Normallohn samt einem Zuschlag von 25% bemisst. Für Büropersonal sowie technische und anderen Angestellte, einschliesslich des Verkaufspersonals in Grossbetrieben des Detailhandels, sieht das Gesetz einen zeitlichen oder geldmässigen Ausgleich erst für jährliche Überzeit vor, die die 60 Stundengrenze überschreitet.

Der finanzielle oder zeitliche Ausgleich von Überzeitarbeit ist zwingend vorgeschrieben und kann nicht durch vertragliche Vereinbarung wegbedungen werden. Arbeitnehmer in einer höheren leitenden Tätigkeit sind diesbezüglich dem Arbeitsgesetz nicht unterstellt. Für sie gelten die Arbeitszeitbestimmungen des Arbeitsgesetzes nicht.

Tages- und Abendarbeit
Als Tagesarbeit gilt die Arbeit von 6 bis 20 Uhr. Die Arbeit von 20 bis 23 Uhr gilt als Abendarbeit. Abendarbeit kann vom Arbeitgeber nach Anhörung der Arbeitnehmervertretung im Betrieb oder, wo eine solche nicht besteht, der betroffenen Arbeitnehmer eingeführt werden.

Nachtarbeit
Grundsätzlich verboten ist die Beschäftigung von Arbeitnehmern ausserhalb der betrieblichen Tages- und Abendarbeit. Ausnahmen sind möglich, sofern Nachtarbeit aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen unentbehrlich ist oder ein dringendes Bedürfnis nachgewiesen wird. Voraussetzung für die Nachtarbeit ist stets das Einverständnis des Arbeitnehmers. Bei Nachtarbeit darf die tägliche Arbeitszeit für den einzelnen Arbeitnehmer neun Stunden nicht überschreite; sie muss, mit Einschluss der Pausen, innerhalb eines Zeitraums von zehn Stunden liegen.

Im Hinblick auf die sozialen und gesundheitlichen Nachteile der Nachtarbeit kommt der Regelung des Lohn- und Zeitzuschlages eine grosse Bedeutung zu. Es gelten die folgenden Regeln:

• Dem Arbeitnehmer, der nur vorübergehend Nachtarbeit (weniger als
  25 Nächte pro Kalenderjahr) verrichtet, hat der Arbeitgeber einen
  Lohnzuschlag von mindestens 25% zu bezahlen.

• Arbeitnehmer, die dauernd oder regelmässig wiederkehrend
  (25 und mehr Nächte pro Kalenderjahr) Nachtarbeit leisten, haben

  für geleistete Nachtarbeit ab dem 1. August 2003 grundsätzlich
  Anspruch auf eine zehnprozentige Zeitkompensation.

• Weitere Vorschriften regeln die Ansprüche des Arbeitnehmers in
  Bezug auf medizinische Untersuchungen und Beratung, auf die
  Sicherheit des Arbeitsweges, die Organisation des Transportes,
  die Ruhegelegenheiten, die Verpflegungsmöglichkeiten sowie
  die Kinderbetreuung.

Sonntagsarbeit und Feiertage
Analog zur Regelung der Nachtarbeit ist auch die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonntagen grundsätzlich verboten. Aus den gleichen Gründen wie bei der Nachtarbeit ist Sonntagsarbeit zulässig (technische, wirtschaftliche Unentbehrlichkeit, dringendes Bedürfnis). Innert zweier Wochen muss wenigstens einmal ein ganzer Sonntag als wöchentlicher Ruhetag gewährt werden. Vorbehalten bleiben diesbezüglich zahlreiche gesetzliche Ausnahmen. Vorübergehende, unregelmässige Sonntagsarbeit ist mit einem Lohnzuschlag von 50% abzugelten. Die Leistung von Sonntagsarbeit setzt das Einverständnis des Arbeitnehmers voraus.

Der 1. August ist den Sonntagen gleichgestellt. Die Kantone können höchstens acht weitere Feiertage im Jahr den Sonntagen gleichstellen und ebenfalls höchstens vier Sonntage pro Jahr bezeichnen, an denen Arbeitnehmer in Verkaufsgeschäften ohne Bewilligung beschäftigt werden dürfen.

Wöchentlicher freier Halbtag
Wir die wöchentliche Arbeitszeit auf mehr als fünf Tage verteilt, so ist den Arbeitnehmern jede Woche ein freier Halbtag zu gewähren, mit Ausnahme der Wochen, in die ein arbeitsfreier Feiertag fällt. Der wöchentliche freie Halbtag gilt aber nur dann als bezogen, wenn der arbeitsfreie Feiertag mit dem Werktag zusammenfällt, an dem der freie Halbtag normalerweise bezogen wird.

Flexibilisierung der Arbeitszeit
Mit durchschnittlich über 41 Arbeitsstunden kennt die Schweiz eine der längsten wöchentlichen Arbeitszeiten der Industrieländer. Politischen Vorstössen, die eine Arbeitszeitverkürzung zum Ziel hatten, war in der Vergangenheit wenig Erfolg beschieden. Die Entwicklung in den Gesamtarbeitsverträgen geht dahin, die 40-Stunden-Woche zu verwirklichen.

Der Druck auf das geltende Arbeitsrecht ist am stärksten spürbar im Bestreben nach einer Flexibilisierung der Arbeitszeit. Die Interessen, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer der Flexibilisierung entgegenbringen, weichen jedoch erheblich voneinander ab. Ausserdem tangieren zahlreiche damit verbundene Fragen, wie etwa die Lockerung des Nacht- und Sonntagsarbeitsverbots, gesellschaftliche und kulturelle Werte. Diesen Anliegen ist mit der Revision des Arbeitsgesetzes Rechnung getragen worden. Die Aufzeichnungspflicht blieb im neuen Arbeitsgesetz aber bestehen, die Unternehmungen haben gemäss Art. 73 der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz die geleistete (tägliche und wöchentliche) Arbeitszeit inkl. Ausgleichs- und Überzeitarbeit sowie ihre Lage aufzuzeichnen. Diese Unterlagen sind nach Ablauf ihrer Gültigkeit für mindestens fünf Jahre aufzubewahren.

(21.01.2011)