BGE: Späte Anfechtung der Vaterschaft ist zulässig

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Gehörnter Mann muss nicht mehr Vater sein
Einem Mann wurde jahrelang die Vaterschaft nicht aberkannt, obwohl ein DNA-Test das Gegenteil bewies. Nun vollzog das Bundesgericht in Lausanne eine Kehrtwende.
Eine späte Anfechtung der Vaterschaft kann laut Bundesgericht auch dann zulässig sein, wenn die Klage des vermeintlichen Vaters den Interessen des Kindes zuwiderläuft. Die Richter in Lausanne haben einem "gehörnten" Genfer Recht gegeben.

Der Mann hatte seinen vermeintlichen Sohn 1994 anerkannt. Ein Jahr später heiratete er die Mutter des Kindes. Im Frühjahr 2008 wurde die Ehe geschieden. Auf einer Bulgarienreise im folgenden Sommer liess der Ex-Gatte einen DNA-Test durchführen. Dieser ergab, dass das mittlerweile 14-jährige Kind nicht von ihm stammt.

Klage nach drei Monaten
Rund drei Monate nach diesem unerfreuliches Ergebnis focht der Vater seine Vaterschaft an. Das Genfer Kantonsgericht wies die Klage jedoch zurück. Es war einerseits zum Schluss gekommen, dass der Betroffene mit der Einreichung der Klage nach Bekanntwerden des DNA-Ergebnisses zu lange zugewartet habe.

Eine Aufhebung der Vaterschaft würde andererseits auch nicht im Interesse des Kindes liegen, zumal der tatsächliche Vater nach Angaben der Mutter bereits verstorben sei. Das Bundesgericht hat dem Mann nun Recht gegeben, seine Beschwerde gutgeheissen und die Sache zur weiteren Behandlung an die Genfer Justiz zurückgeschickt.

Kindesinteresse kein zusätzliches Kriterium
Die Lausanner Richter erinnern zunächst daran, dass mehr als fünf Jahre nach Anerkennung der Vaterschaft eine Aberkennungsklage nur noch möglich ist, wenn wichtige Gründe bestehen. Nach deren Bekanntwerden sei zudem rasches Handeln gefordert. Diese Voraussetzungen seien hier erfüllt.

Zunächst habe der Mann bis im Sommer 2008 keinen Grund gehabt, an seiner Vaterschaft zu zweifeln. Anschliessend habe er das Ergebnis offiziell bestätigen und übersetzen lassen müssen. Danach habe er innert 15 Tagen und damit rechtzeitig Klage erhoben.

Falsch lagen die Genfer Richter zudem mit ihrer Gewichtung des Indesinteresses. Laut Bundesgericht darf dieses nicht als zusätzliches Erfordernis für die Zulassung einer späten Klage auf Vaterschaftsanerkennung verstanden werden.

(29.12.2010)