Zeichnungsberechtigung in der HR-rechtlichen Praxis

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Handelsregisterrechtliche Praxis zur Zeichnungsberechtigung

Das Handelsregister hat vornehmlich den Zweck, Unternehmensformen, Kapital der Unternehmungen und auch die Zuständigkeiten innerhalb von Firmen publik zu machen. Die Publizitätsfunktion des Handelsregisters sorgt unter anderem dafür, dass das interessierte Publikum von der organschaftlichen Vertretung und den standardisierten Vertretungen bei einer Unternehmung Kenntnis nehmen kann.

Dabei gibt das Handelsregister nicht nur über die Person und allenfalls ihre Funktion für die jeweilige Rechtseinheit Aufschluss, sondern auch über die Art und über eine mögliche Beschränkung der Zeichnungsberechtigung. Der Handelsregisteralltag zeigt, dass häufig unklar ist, welche Funktionsbezeichnungen bei welchen Rechtseinheiten zulässig sind und welche Arten, Beschränkungen und Kombinationen von Zeichnungsberechtigungen (Art. 119 Abs. 1 Bst. h HRegV) eingetragen werden können.

Generelle Eintragungsfähigkeit von Zeichnungsberechtigungen

Generell sind Vertretungsbefugnisse einzutragen, wozu einerseits die Erteilung der Organstellung, anderseits die Erteilung einer Prokura gehören kann. In diesem Zusammenhang ist aber in Erinnerung zu rufen, dass die Eintragung von weiteren Handlungsvollmachten gemäss Art. 462 OR nach herrschender Lehre und ständiger Handelsregisterpraxis nicht zulässig ist.

Keine Lückenlosigkeit bezüglich Zeichnungsberechtigung

Daraus folgt, dass im Handelsregister die tatsächliche Vertretungskonstellation einer Gesellschaft nicht lückenlos wiedergegeben ist, selbst dann nicht, wenn davon ausgegangen wird, dass alle Personen, deren Zeichnungsberechtigung im Handelsregister eingetragen werden kann, auch eingetragen werden müssen. Im Einzelnen werden folgende eintragungsfähige Zeichnungsberechtigungen unterschieden:

  • Prokura: Der Prokurist ist ein Geschäftsführer, der für seinen Geschäftsherrn das Gewerbe betreibt.
  • Unterschrift: Im Gegensatz zur Prokura für alle Rechtseinheiten gibt es keinen ähnlich einprägsamen Begriff für die Zeichnungsberechtigung von ‹zur Vertretung befugten Personen›, die weiter geht als die Prokura. In der Praxis nennt man diese Art der Zeichnung ‹Unterschrift› oder ‹Vollunterschrift›.
  • ‹Ohne Zeichnungsberechtigung›: Für Dritte kann die Kenntnis über die Nichtberechtigung genauso nützlich sein, sodass es möglich ist im Handelsregister den Zusatz ‹ohne Zeichnungsberechtigung› aufzunehmen.

Beschränkungen der Zeichnungsberechtigung

In das Handelsregister können nur die gesetzlich eigens aufgezählten Beschränkungen der Zeichnungsberechtigung eingetragen werden, nämlich die Kollektivzeichnungsberechtigung und die Beschränkung auf den Hauptsitz oder auf eine Zweigniederlassung. Nicht eintragungsfähig sind damit z.B. summenmässige Beschränkungen oder sachliche Beschränkungen auf bestimmte Arten von Rechtshandlungen.

Zeichnungsberechtigung und Wildwuchs von Bezeichnungen

Während dem sich viele Funktionen im Handelsregister finden, deren Bezeichnung logisch ist (Präsident, Beisitzer, Sekretär, Geschäftsleiter, Geschäftsführer, etc.), kommen sehr viele spezielle Funktionen hinzu, deren Eintragung die Handelsregisterpraxis bisher zugelassen hat, wie namentlich Schatzmeister, Schriftführer, Bau-Brunnen-Kellermeister, Hafenwart, usw. Diese Praxis ist nebst der Rechtsunsicherheit aus vielerlei Gründen problematisch.

Praxis-Tipp für Zeichnungsberechtigung bei der AG

Hinweis: Nach Art. 718 Abs. 2 OR kann der Verwaltungsrat die Vertretungsbefugnis, die jedem Mitglied zusteht, einem oder mehreren seiner Mitglieder (= Delegierte) oder Dritten (= Direktoren) übertragen. Auf die Eintragung der Bezeichnung Delegierter bzw. Direktoren ins Handelsregister sollte trotzdem verzichtet werden, weil eine solche Eintragung der Zeichnungsberechtigung keine zusätzlichen, rechtlich gesicherten Informationen enthält.

(13.07.2011)