Treffen von Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf mit dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti in Rom
Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf hat am 12. Juni 2012 dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti in Rom einen Arbeitsbesuch abgestattet. Die Parteien haben sich geeinigt, die Steuer- und Finanzverhandlungen zwischen der Schweiz und Italien ohne Verzug voranzutreiben.
Das Treffen von Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf mit dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti diente dazu, die engen Beziehungen zwischen der Schweiz und Italien zu bekräftigen und dem beiderseitigen Willen zur Lösung der hängigen bilateralen Finanz- und Steuerfragen Ausdruck zu verleihen.
Die Schweiz und Italien haben sich zur Prüfung folgender Fragen verpflichtet: Revision des Doppelbesteuerungsabkommens, bestehende schwarze Listen, Regulierung von Vermögenswerten nichtansässiger italienischer Steuerpflichtiger in der Schweiz, Einführung einer Quellensteuer auf künftigen Kapitalerträgen, Marktzutritt sowie Vereinbarung über die Grenzgängerbesteuerung.
Den bilateralen Dialog zu Steuerfragen hatten die Schweiz und Italien bereits am 9. Mai 2012 mit der Ankündigung der Bildung einer gemeinsamen Steuerungsgruppe wiederbelebt. Ein erstes Treffen auf technischer Ebene fand am 24. Mai 2012 in Rom statt. Ein zweites ist für Ende Juni in Bern geplant.
Auch die Situation innerhalb der Europäischen Union sowie die EU-Politik der Schweiz wurden von Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf und Ministerpräsident Mario Monti ausführlich erörtert. Das Gespräch fand in einer herzlichen und konstruktiven Atmosphäre statt.
Bild: © Keystone
(EFD, 12.06.2012)
Finanz- und Steuerfragen Schweiz - Italien Zusammenfassung Seit mehreren Jahren bemühen sich die Schweiz und Italien um eine Lösung der offenen Finanz- und Steuerfragen. Am 9. Mai 2012 haben die beiden Staaten die Schaffung einer Steuerungsgruppe vereinbart, die an der Lösung der offenen Finanz- und Steuerfragen arbeiten soll. Die Verhandlungen umfassen fünf Bereiche: die Revision des Doppelbesteuerungsabkommens mit Italien, die Revision der Grenzgängervereinbarung, die Entfernung der Schweiz von den schwarzen Listen, die Regularisierung der Vermögenswerte von italienischen Steuerpflichtigen in der Schweiz und ein verbesserter Marktzugang für Schweizer Finanzinstitute in Italien. - Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) Das DBA mit Italien stammt aus dem Jahr 1976. Die seit 2001 unternommenen Bemühungen, es zu revidieren, sind nie zu einem Abschluss gekommen. Im Gegensatz zu anderen, revidierten DBA, beispielsweise mit Deutschland oder Frankreich, widerspiegelt die Klausel zum Informationsaustausch im Abkommen mit Italien somit nicht den internationalen Standard, sondern die schweizerische Steuerpraxis bei der Amtshilfe vor 2009. Die Revision wird Gelegenheit bieten, neben diese Bestimmung weitere Punkte wie insbesondere die Quellensteuersätze anzupassen. - Vereinbarung über die Besteuerung der Grenzgänger Die Vereinbarung zwischen der Schweiz und Italien über die Besteuerung der Grenzgänger, die aus dem Jahr 1974 stammt und für die Kantone Graubünden, Tessin und Wallis gilt, ist integraler Bestandteil des Doppelbesteuerungsabkommens. Die Vereinbarung hält fest, dass der Kanton Tessin von der Quellensteuer, die er auf den Grenzgängereinkommen erhebt, 38,8 Prozent an Italien weiterleitet. Um den Druck für eine Revision der Vereinbarung auf die Behörden der beiden Länder zu erhöhen, hat der Kanton Tessin im Juni 2011 beschlossen, nur noch die Hälfte der vereinbarten Ausgleichszahlungen an Italien auszuzahlen und die andere Hälfte auf ein Sperrkonto zu überweisen. Im Mai 2012 ist dieser Betrag (28 Mio. CHF) nun freigegeben worden. - Schwarze Listen Rom führt die Schweiz seit einigen Jahren auf zwei schwarzen Listen. Darauf stützt Italien eine Reihe von Massnahmen ab, die den grenzüberschreitenden Warenverkehr, Direktinvestitionen und die Schweizer Exportwirtschaft behindern. Die eine Liste betrifft natürliche Personen. Sie bezieht sich auf die Besteuerung von Steuerpflichtigen, die ihren Wohnsitz aus Italien in ein Land verlegen, das nicht über eine Klausel zum Informationsaustausch nach internationalem Standard verfügt. Die andere Liste betrifft Unternehmen mit Sitz in Ländern mit besonderem Steuersystem. Darauf wird die Schweiz wegen des Steuerstatus geführt, den sie gewissen Gesellschaftsformen gewährt (Holdings, Sitzgesellschaften, gemischte Gesellschaften). - Regularisierung der Vermögenswerte Im April 2012 hat die Europäische Union die Quellensteuerabkommen der Schweiz mit Deutschland und Grossbritannien als konform mit der europäischen Gesetzgebung erklärt. Daraufhin hat Italien ein gewisses Interesse an diesem Modell bekundet. Die Abkommen sehen eine pauschale Einmalzahlung zur Regularisierung der Vergangenheit sowie die Erhebung einer Quellensteuer vor, bei der die Anonymität der Steuerpflichtigen gewahrt bleibt (Abgeltungssteuer für die Zukunft). - Marktzugang Der italienische Markt ist für den Schweizer Bankensektor von grosser Bedeutung. Als Gegenleistung zum abgeltenden Quellenbesteuerungsmodell möchte die Schweiz den Finanzinstituten wie bei den Abkommen mit Deutschland, Grossbritannien und Österreich einen besseren Marktzugang sichern. Nach dem Quellensteuerabkommen mit Deutschland beispielsweise müssen Schweizer Banken keine Filiale in diesem Land mehr eröffnen, um dort ihre Dienstleistungen anbieten zu können. Quelle: Staatssekretariat für internationale Finanzfragen SIF |