Schweiz und Vereinigtes Königreich ergänzen Quellensteuerabkommen
Die Schweiz und das Vereinigte Königreich von Grossbritannien und Nordirland haben am 20.03.2012 in Brüssel ein Änderungsprotokoll unterzeichnet, welches das Quellensteuerabkommen vom 6. Oktober 2011 ergänzt. Damit ist das Abkommen bereit für die Parlamentsberatung. Es soll Anfang 2013 in Kraft treten.
Das Änderungsprotokoll zum Quellensteuerabkommen wurde am 20.03.2012 in Brüssel von Michael Ambühl, Staatssekretär im Eidgenössischen Finanzdepartement, und Dave Hartnett, Permanent Secretary of HM Revenue & Customs, unterzeichnet. Der Kerngehalt des Abkommens bleibt bestehen. Zinszahlungen werden vom Anwendungsbereich des Abkommens ausgenommen. Gleichzeitig wird sichergestellt, dass britische Steuerpflichtige ihre Steuern auf Zinszahlungen abgeltend leisten können. Faktisch ändert sich somit nichts für die Bankkunden, ihre Steuerpflicht ist erfüllt; lediglich die Rechtsstruktur ändert. Die Bedenken der EU-Kommission bezüglich der Vereinbarkeit mit EU-Recht konnten ausgeräumt werden. Um eine Lücke im Abkommen zu schliessen, werden zudem Erbschaftsfälle neu vom Abkommen erfasst. Im Erbschaftsfall müssen die Erben entweder der Erhebung einer Steuer oder der Offenlegung zustimmen.
Das Abkommen respektiert einerseits den in der Schweiz geltenden Schutz der Privatsphäre von Bankkunden und gewährleistet anderseits die Durchsetzung berechtigter Steueransprüche der britischen Behörden. Zudem wird der gegenseitige Marktzutritt für Finanzdienstleister verbessert.
Das Abkommen bedarf der Genehmigung durch die Parlamente beider Staaten und soll Anfang 2013 in Kraft treten.
Quellensteuerabkommen Schweiz – Vereinigtes Königreich Die Schweiz und das Vereinigte Königreich von Grossbritannien und Nordirland wollen die Beziehungen im finanzwirtschaftlichen Bereich festigen und die Zusammenarbeit im steuerlichen Bereich stärken. Das Quellensteuerabkommen vom 6. Oktober 2011, das am 20. März 2012 durch ein Änderungsprotokoll ergänzt wurde, stellt eine effektive Besteuerung von Vermögenswerten britischer Steuerpflichtiger in der Schweiz sicher. Dies soll sowohl für die Zukunft als auch für die Vergangenheit gelten und dadurch geschehen, dass
Die ausgehandelte Lösung vereint zwei berechtigte Anliegen: einerseits den Schutz der Privatsphäre von Bankkunden und anderseits die Durchsetzung berechtigter Steueransprüche. Die Schweiz und das Vereinigte Königreich sind sich einig, dass die im Abkommen vereinbarte bilaterale Zusammenarbeit in ihrer Wirkung dem automatischen Informationsaustausch im Bereich der Kapitaleinkünfte dauerhaft gleichkommt. Das Änderungsprotokoll vom 20. März 2012 Mit dem am 20. März 2012 unterzeichneten Änderungsprotokoll wurden Bedenken der EU-Kommission bezüglich der Vereinbarkeit mit EU-Recht ausgeräumt. Der Kerngehalt des Abkommens bleibt bestehen. Auf Zinszahlungen soll die im Abkommen vorgesehene Quellensteuer nicht erhoben werden, soweit ein Steuerrückbehalt nach dem EU-Zinsbesteuerungsabkommen erhoben worden ist (zurzeit 35%). In diesem Fall ist jedoch zusätzlich zum Steuerrückbehalt eine Abgeltungszahlung von 13 Prozent zu leisten. Damit wird sichergestellt, dass britische Steuerpflichtige ihre Steuern auf Zinszahlungen abgeltend leisten können und sie ihre Steuerpflicht damit erfüllen. Faktisch bleibt es für die Bankkunden beim ursprünglich vereinbarten Satz von 48 Prozent, lediglich die Rechtsstruktur ändert sich. Aufgrund der Änderung muss die Schweiz nicht mehr wie ursprünglich vorgesehen auf ihren Anteil an den Einnahmen aus dem Zinssteuerrückbehalt verzichten (2010: rund 6 Millionen Schweizer Franken). Um eine Lücke im Abkommen zu schliessen, werden Erbschaftsfälle neu vom Abkommen erfasst. Im Erbschaftsfall müssen die Erben entweder der Erhebung einer Steuer (zum Marginalsatz von 40%) oder der Offenlegung zustimmen. Neu hat zudem das Vereinigte Königreich mit der EU vereinbart, dass es der EU einen Anteil an den Einnahmen aus der Vergangenheitsregularisierung überweisen wird. Mit dieser Überweisung werden die Ansprüche der EU mit Bezug auf die Mehrwertsteuer abgegolten. Ebenfalls für die Vergangenheitsregularisierung wird eine Meistbegünstigungsklausel eingefügt. Damit kann insbesondere die Parallelität zum Abkommen mit Deutschland beibehalten werden. Das Abkommen vom 6. Oktober 2011 Künftige Besteuerung von Kapitalerträgen britischer Steuerpflichtiger in der Schweiz Es ist die Einführung einer Abgeltungssteuer für Kapitalanlagen britischer Steuerpflichtiger in der Schweiz vorgesehen, die inhaltlich der britischen Besteuerung von Kapitaleinkommen und -erträgen entspricht. Das Abkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Schweiz sieht vor, dass die schweizerischen Zahlstellen eine solche Abgeltungssteuer erheben. Das Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über Regelungen, die den in der Richtlinie 2003/48/EG des Rates im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen festgelegten Regelungen gleichwertig sind, bleibt dabei unberührt. Die Steuersätze der Abgeltungssteuer entsprechen den britischen Grenzsteuersätzen auf Kapitaleinkommen und -erträgen und betragen 48% auf Zinserträge, 40% auf Dividendenerträge, 27% auf Kapitalgewinne und 48% auf sonstige Einkünfte. Der geringfügige Abschlag gegenüber den britischen Grenzsteuersätzen rechtfertigt sich dadurch, dass eine Quellensteuer zu einem früheren Zeitpunkt erhoben wird. Der britische Steuerpflichtige kann allerdings auch von der Möglichkeit der Meldung seiner Erträge an die britischen Finanzbehörden durch die schweizerische Zahlstelle Gebrauch machen. Durch diese Regelung wird insgesamt sichergestellt, dass Kapitalerträge in der Schweiz und im Vereinigten Königreich gleich besteuert werden und somit auf Grund steuerrechtlicher Umstände keine Wettbewerbsverzerrungen zwischen den britischen und schweizerischen Finanzplätzen mehr bestehen. Nachbesteuerung in der Vergangenheit unversteuerter Vermögenswerte: Um eine befriedigende Lösung für die Besteuerung der zukünftigen Kapitalerträge zu erreichen, musste gleichzeitig eine Lösung für die Vergangenheit gefunden werden. Auf der Basis einer im Abkommen definierten Bemessungsgrundlage kann eine pauschale und anonyme Nachbesteuerung in Form einer Einmalzahlung durchgeführt werden, die dem britischen Fiskus zufliesst. Als Bemessungsgrundlage ist grundsätzlich das Kapital zu einem bestimmten, in der Vergangenheit liegenden Stichtag vorgesehen, das zu diesem Zeitpunkt auf schweizerischen Konten oder Depots vorhanden war. Durch die Kombination von Bemessungsgrundlage und Steuersatz wird bei der Berechnung der Steuer berücksichtigt, wie lange Anlagen unversteuert in der Schweiz gehalten wurden. Die individuelle Belastung auf das Kapital wird danach zwischen 19 und 34 % liegen. Zur Berechnung dieser individuellen Belastung wird die Dauer der Kundenbeziehung sowie der Anfangs- und Endbetrag des Kapitalbestandes zugrunde gelegt. Wer eine pauschale Nachbesteuerung nicht in Erwägung zieht, kann seine Zustimmung erteilen, dass die für die individuelle Besteuerung erforderlichen Daten an die zuständigen britischen Finanzbehörden übermittelt werden. Durch die Nachbesteuerung im Rahmen dieses Abkommens gelten die noch offenen Steuerforderungen als im Zeitpunkt ihres Entstehens als erloschen. Damit wird die Basis für einen Neuanfang gelegt. In gewissen Fällen tritt diese Erlöschenswirkung allerdings nicht ein, zum Beispiel wenn die Vermögenswerte aus Verbrechen herrühren, gegen den Steuerpflichtigen eine Untersuchung läuft oder dieser an einem Offenlegungsprogramm teilgenommen hat. In diesen Fällen wird die Nachbesteuerung als Akontozahlung angesehen. Wer erklärt, dass er weder eine pauschale noch eine individuelle Nachversteuerung seiner unversteuerten Anlagen in der Schweiz möchte, muss seine Konten oder Depots in der Schweiz schliessen. Die Schweiz wird dazu zusammengefasste Daten zur Verfügung stellen. Um den Betroffenen die Möglichkeit zu geben, sich zu entscheiden, werden diese innerhalb von zwei Monaten nach Inkrafttreten des Abkommens von ihren schweizerischen Kreditinstituten über den Inhalt des Abkommens und die daraus resultierenden Rechte und Pflichten informiert. Danach haben die Betroffenen Zeit sich zu entscheiden, wie sie sich verhalten wollen und die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen. Die Nachbesteuerung wird in der Schweiz durchgeführt. Durch die schweizerischen Behörden wird sichergestellt, dass die Durchführung korrekt erfolgt und die beteiligten Banken kontrolliert werden. Als Zeichen des guten Willens zur Umsetzung des Abkommens nach seinem Sinn und Zweck haben sich die Schweizer Banken zur Leistung einer Vorauszahlung in der Höhe von CHF 500 Mio. verpflichtet. Diese Vorauszahlung wird mit den weiteren Einmalzahlungen verrechnet und auf diese Weise den Banken zurückerstattet. Letztlich wird mit der ausgehandelten Lösung gewährleistet, dass in der Schweiz keine unversteuerten Kapitalanlagen britischer Steuerpflichtiger auf Depots oder Konten mehr vorhanden sind. Sicherung für die Zukunft: Um zu vermeiden, dass in Zukunft erneut Schwarzgeld in der Schweiz angelegt wird, wenn auch unter Inkaufnahme der Abgeltungssteuer, ist vorgesehen, dass ein Sicherungsmechanismus eingeführt wird. Dieser besteht in einer über den gegenwärtigen OECD-Minimalstandard hinausgehenden Auskunftsverpflichtung der schweizerischen Behörden. Für beide Vertragsparteien ist selbstverständlich, dass keine willkürlichen Auskunftsersuchen gestellt werden dürfen und damit sog. fishing expeditions ausgeschlossen bleiben. Sieht das zuständige britische Finanzamt bei einem britischen Steuerpflichtigen einen plausiblen Anlass, die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben des Steuerpflichtigen in seiner Steuererklärung hinsichtlich möglicher Kapitalanlagen in der Schweiz zu überprüfen, können die britischen Finanzbehörden diese Angaben des britischen Steuerpflichtigen in Zukunft dadurch nachprüfen, dass sie ein Ersuchen an die Schweiz richten und um Auskunft darüber bitten, ob der betroffene Steuerpflichtige im zu prüfenden Veranlagungszeitraum ein Konto oder Depot bei einer schweizerischen Zahlstelle unterhält oder unterhalten hat. Die Angabe einer schweizerischen Zahlstelle ist dabei nicht erforderlich. Die Schweiz hat grundsätzlich das gestellte Ersuchen zu beantworten, ob und gegebenenfalls wie viel Konten und Depots der betroffene Steuerpflichtige in der Schweiz unterhält. Die Anzahl solcher Anfragen ist beschränkt und wird nach Inkrafttreten des Abkommens innerhalb einer Bandbreite von wenigen Hundert bis maximal 500 Gesuche pro Jahr von einem paritätisch aus Vertretern der beiden Vertragsstaaten besetzten Ausschuss festgelegt; anschliessend kann die Zahl sich auf der Grundlage der Ergebnisse verändern. Weitere Punkte des Abkommens: In einem Memorandum sind Verbesserungen des Marktzugangs für grenzüberschreitende Finanzdienstleistungen im Vereinigten Königreich durch Firmen in der Schweiz festgelegt. Es wird den bürokratischen Aufwand vermindern und Schweizer Finanzinstituten klare Leitlinien für das Anbieten von Finanzdienstleistungen geben. Das Memorandum klärt den Rechtsrahmen und schafft Rechtssicherheit. Dies erlaubt den Finanzinstituten ihre grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit im Vereinigten Königreich weiterzuführen und auszubauen. |
Zum Herunterladen:
(EFD, 20.03.2012)
Siehe auch Beitrag: Steuerabkommen mit Grossbritannien unterzeichnet