Kapitalbindungsplanung als Teilaufgabe des Finanzmanagements
Eine der Kernaufgaben des betrieblichen Finanzmanagements bildet die Finanzplanung, damit die Liquidität einer Unternehmung sichergestellt werden kann, deren Aufrechterhaltung stets eine zentrale Zielsetzung und zugleich eine Existenzbedingung darstellt. Das Jahr 2010 hat in der Schweiz leider abermals gezeigt, dass einer Vielzahl von Unternehmen die Aufrechterhaltung der Liquidität eben nicht gelang, da die Firmenkonkurse nach dem Rekordjahr 2009 nochmals um ca. 19% angestiegen waren. Vor dem Hintergrund des Ziels der Liquiditätssicherung übernimmt die Finanzplanung die Aufgabe, die Abstimmung der Ein- und Auszahlungen kurz-, mittel- und langfristig zu sichern. Da hierbei zukünftig erwartete Zahlungsströme noch prognostiziert werden müssen, ist die Einbeziehung der Finanzplanung in die leistungswirtschaftliche Gesamtplanung erforderlich, weil vor allem aus dem Absatz-, Fertigungs- und Beschaffungsplan der Unternehmung massgebliche Vorgaben für die Finanzplanung resultieren. Im Folgenden soll die langfristig ausgelegte Kapitalbindungsplanung im Vordergrund stehen.
Kapitalbindungsplanung als Form der Finanzplanungsrechnung
Aus kurz- bis mittelfristiger Sicht befasst sich die Finanzplanung mit einem Planungszeitraum, welcher in Grossunternehmen vom Tagesfinanzstatus bis zu einem Jahr reicht. Auch aus der Perspektive der Planungshäufigkeit kann die Finanzplanung täglich erfolgen oder, wie vor allem in KMU verbreitet, in einem monatlichen Planungsrhythmus. Diese unterschiedlichen Erscheinungsformen der kurz- bis mittelfristigen Finanzplanung werden ergänzt durch die stets langfristige Kapitalbindungsplanung, die regelmässig einen Zeitraum von mehr als einem Jahr bis hin zu mehreren Jahren umfassen kann und wenigstens im jährlichen Rhythmus wiederholt wird.
Mit der Kapitalbindungsplanung sollen die finanziellen Auswirkungen von langfristigen unternehmenspolitischen (Investitions-)Entscheidungen sichtbar gemacht werden. Dazu zeigt der Kapitalbindungsplan einerseits die geplanten Investitionen, aus denen ein Kapitalbedarf resultiert. Andererseits wird im Kapitalbindungsplan auch die Finanzierung dieses Kapitalbedarfs des nächsten Jahres sowie gegebenenfalls der Folgejahre einbezogen, so dass im Ergebnis die Zusammensetzung der geplanten, mittel- bis langfristigen Ein- und Auszahlungen transparent wird, die es anschliessend zu gestalten gilt.
Ein Beispiel für einen Kapitalbindungsplan zeigt die folgende Aufstellung, wobei es sich um ein Hotel handelt:
Hotel Weitblick |
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Kapitalbedarf 2012 |
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a) Kapitalbindende Auszahlungen (Investitionen) |
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Vorhaben |
Investitionssumme |
Beteiligungserwerb |
2'250’000 |
Renovierung Wellness-Bereich |
900’000 |
Neuer Internetauftritt |
350’000 |
Werbekampagne |
180’000 |
Zwischensumme |
3'680’000 |
b) Kapitalentziehende Auszahlungen (Definanzierung) |
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Darlehenstilgung |
140’000 |
Zinszahlung |
15’000 |
Steuerzahlungen |
29’000 |
Gewinnausschüttung |
51’000 |
Zwischensumme |
235’000 |
Total Kapitalbedarf |
3'915’000 |
Kapitalbedarfsrechnung 2012 |
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a) Innenfinanzierung: Kapitalzuführende Einzahlungen |
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Leistungsbereich |
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Einzahlungen Hotelbetrieb |
2'065’000 |
Einzahlungen Restaurant |
1'150’000 |
Einzahlungen Wellness-Bereich |
214’000 |
Finanzbereich |
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Zinserträge aus Kapitalanlagen |
58’000 |
Verkauf Wertpapiere |
139’000 |
Zwischensumme |
3'626’000 |
b) Aussenfinanzierung: Kapitalzuführende Einzahlungen |
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Beteiligungsfinanzierung |
82’000 |
Kreditfinanzierung |
82’000 |
Zwischensumme |
289’000 |
Total Kapitalbedarfsdeckung |
3'915’000 |
Die Erweiterung dieses Kapitalbindungsplans auf einen mehrjährigen Planungszeitraum stellt durch das Einfügen weiterer Spalten keine grosse Mühe dar. Wesentlich ist, dass Kapitalbedarf und Kapitalbedarfsdeckung sich ausgleichen müssen, wobei ein nicht gedeckter Kapitalbedarf (d.h. eine Unterfinanzierung im Hinblick auf den Kapitalbedarf) in der betrieblichen Praxis häufig durch die Erweiterung der Kreditfinanzierung erfolgt, die dann allerdings wieder kapitalentziehende Konsequenzen durch erhöhte Zinszahlungen zur Wirkung hat.
Fazit
Im Kapitalbindungsplan wird die zukünftige Zusammensetzung aller Ein- und Auszahlungsströme abgebildet, so dass für das Finanzmanagement allfälliger Handlungsbedarf erkennbar wird und gegebenenfalls notwendige strukturelle Finanzierungsmassnahmen entschieden werden können.
Mittels eines Kapitalbindungsplans wird der Finanzbereich regelmässig mit dem Leistungsbereich verbunden. Als Planungsinstrument besitzt er den Vorteil, dass die finanziellen Auswirkungen von Managemententscheidungen (z.B. Durchführung oder Verzicht auf Investitionen) transparent gemacht werden und zugleich alternative Entscheidungen der Kapitalbedarfsdeckung in ihrer Konsequenz abgebildet werden können.
Quellen
Boemle, M./Stolz, C.: Unternehmensfinanzierung, Bd. 1, Zürich
(13.04.2011)