Liquidität durch bilanzorientierte Sanierung

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Liquidität durch bilanzorientierte Sanierung

altSanierungsmassnahmen in der Bilanz dienen primär der Vermeidung der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung bzw. einer Unterbilanz. Werden die finanzwirtschaftlichen Massnahmen betrachtet, welche direkt in der Erfolgsrechnung Einfluss haben, so verbessert sich neben der Ertragslage indirekt auch die Liquidität der Unternehmung. Durch bessere Erträge werden höhere Cashflows erzielt. Die erste Gruppe an Sanierungsmassnahmen wird im Folgenden näher untersucht.

Sanierungsmassnahmen: Priorität der Liquidität

In Phasen der Sanierung und der Restrukturierung erlangt die Sicherung der Liquidität höchste Priorität. Die stetige Sicherung der Zahlungsbereitschaft in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist für die Unternehmung eine Existenzbedingung. Die Schaffung und Erhaltung von Liquidität ist dabei weitaus wichtiger als die Erzielung ausreichender Erträge und die Erreichung der Rentabilitätsziele, obwohl das Liquiditätsziel stets nur ein Nebenziel wirtschaftlicher Tätigkeit bildet. Allerdings ist die Erhaltung der Liquidität an zwei zentrale Voraussetzungen gekoppelt: zum einen muss durch Sanierungsmassnahmen der Liquiditätszufluss erhöht und zum anderen der Liquiditätsabfluss reduziert werden.

Liquidität aus Reserven

Hält eine Unternehmung Liquiditätsreserven in Form von Festgeldern oder Wertpapieren, werden diese im Zuge von Sanierungsmassnahmen veräussert. Allenfalls kann sich ein ungünstiger Verkaufspreis nachteilig auf die Veräusserung oder die Hinterlegung dieser Vermögenswerte als Sicherheit auswirken. Bei der Bewirtschaftung der Kundenguthaben ist vorauszuschicken, dass Lieferungen und Leistungen schnellstmöglich verrechnet werden, da normalerweise im Zeitpunkt der Rechnungsstellung die Zahlungsfrist des Kunden beginnt.

Sanierungsmassnahmen und ausstehenden Kundenguthaben

Die ausstehenden Kundenguthaben werden regelmässig auf ihre Fälligkeit überprüft. Werden überfällige Rechnungen festgestellt, müssen diese umgehend abgeklärt und die Kunden gemahnt werden. Bei einer grossen Anzahl zu mahnender Kunden bei hauptsächlich geringfügigen Beträgen ist ein automatischer Mahnlauf sinnvoll. Hingegen wird geraten, bei einer kleinen Anzahl säumiger Zahler mit bedeutenden Beträgen den persönlichen Kundenkontakt zu suchen. Wichtig für die Liquidität ist, dass mit den Inkasso-Massnahmen das Delkredererisiko und der Aufwand für die Forderungsbewirtschaftung so gering wie möglich ausfallen.

Factoring - Option für mehr Liquidität

Zur schnellen und sicheren Beschaffung der Liquidität aus den Kundenguthaben kann das Factoring genutzt werden. Beim Factoring handelt es sich um einen Verkauf der Kundenforderungen an einen Factor. Nachteilig für das abtretende Unternehmen wirken sich die Kosten sowie eine angemessene Risikoprämie aus, welche je nach Bonität des Kunden unterschiedlich hoch ausfallen kann.

Übrige Forderungen

Weitere Beachtung hinsichtlich der Liquidität ist auch den übrigen Forderungen zu schenken. So sind beispielsweise Guthaben aus Verrechnungssteuer oder aus Mehrwertsteuer umgehend mit der Steuerverwaltung abzurechnen bzw. einzufordern, um so eine positive Wirkung auf den Cashflow zu erreichen.

Sanierungsmassnahmen in Verbindung mit Lagerbeständen

Bei produzierenden KMU binden häufig hohe Lagerbestände wie Rohmaterial, Halb- und Fertigfabrikate die Liquidität. Vor allem hohe Bestände an Handelswaren und Fertigfabrikaten sind ein Krisenindikator und kennzeichnen ein Absatzproblem der Unternehmung, das als Folge sinkender Nachfrage seitens der Kunden zu hoher Kapitalbindung führt. Diese Tendenz wird verschärft, wenn der Einkauf nicht ausreichend informiert ist und seine Bestellmengen an Rohmaterialien nicht rechtzeitig anpasst bzw. zu sehr auf die Erzielung von günstigen Einkaufskonditionen fokussiert ist.

Liquidität: Working Capital Management

Die im Umlaufsvermögen geschilderten Sanierungsmassnahmen zur Verbesserung des Netto-Umlaufvermögen werden auch als Working Capital Management bezeichnet. Die eigentliche Zielsetzung besteht hierbei darin, dem Unternehmen kurzfristig Liquidität zuzuführen. Hingegen kann durch eine funktionierende Debitorenbewirtschaftung sowie einen verbesserten Lagerumschlag bzw. eine kürzere Lagerdauer sämtlicher Vorräte die Kapitalbindung nachhaltig reduziert werden.

Liquidität aus dem Anlagevermögen

Neben dem Umlaufvermögen bietet auch das Anlagevermögen die Möglichkeit zur Verbesserung der Liquidität, wenn beispielsweise Mobilien aus dem Bereich des Sachanlagevermögens (z.B. Maschinen oder Fahrzeuge) oder auch Liegenschaften, Beteiligungen/Wertpapiere oder immaterielles Anlagevermögen veräussert werden.

In einem ersten Schritt ist die Unterscheidung zwischen betriebsnotwendigem Anlagevermögen sowie betriebsfremden Vermögenswerten erforderlich. Betriebsfremd sind diejenigen Vermögenswerte, welche für die Unternehmung zur Leistungserstellung nicht erforderlich sind. Diese können ohne Einschränkung der Betriebstätigkeit veräussert werden. Als betriebsfremde Vermögenswerte können Wertpapiere, Liegenschaften, Kunstgegenstände, Fahrzeuge, Boote u.a. in Frage kommen.

Eine weitere Möglichkeit zur Steigerung der Liquidität ist die Veräusserung von betriebsnotwendigem Vermögen. Dabei ist zu untersuchen, ob ein Vermögenswert für die Leistungserbringung eingesetzt wird oder nicht. Denkbar ist, dass beispielsweise infolge eines Kapazitätsabbaus auf einzelne technische Anlagen oder Maschinen, auf Lagerstätten oder Betriebsteile verzichtet werden kann.

Verkauf eines Unternehmensteils kann Liquidität erhöhen

Innerhalb von Sanierungsmassnahmen bietet sich die Option einen Unternehmensteil zu verkaufen. In diesem Fall gehen neben den entsprechenden Aktiven auch das Tätigkeitsfeld der Unternehmung auf einen Erwerber über. Die Veräusserung von Unternehmensteilen birgt verschiedene Risiken wie z.B. Haftungsansprüche verschiedener Natur und Steuernachteile.

Gewährung zusätzlicher Kredite bedeutet Liquidität

Für die Unternehmung steht die dauerhafte Zahlungsfähigkeit im Vordergrund, welche am schnellsten und einfachsten durch die Gewährung zusätzlicher Kredite, in Form von Kontokorrentüberzügen oder Darlehen durch die Bank, erreicht wird. Ohne entsprechende Sicherheiten stehen die Aussichten auf ein zusätzliches Engagement der Bank hingegen schlecht.

Fremdfinanzierung durch Leasing

Neben der klassischen Fremdfinanzierung in Form von Krediten und Darlehen wird vielfach das Leasing bevorzugt. Beim Leasing erwirbt der Leasinggeber das durch das Unternehmen benötigte Anlagegut. Während einer bestimmten Laufzeit nutzt das Unternehmen das Anlagegut durch periodische Zahlungen der Leasingraten. Dadurch kann das Anlagegut ab dem ersten Tag genutzt werden, ohne den gesamten Kaufpreis bezahlen zu müssen.

Je nach Bedürfnis kann die Unternehmung das Leasingobjekt nach der Leasingdauer zu einem im Voraus festgesetzten Betrag übernehmen oder an den Leasinggeber zurückgeben. Dem Vorteil der gleichmässigen und planbaren Zuströme an Liquidität steht der Nachteil der in der Regel teureren Finanzierung gegenüber.

Liquidität mittels Anleihensobligationen

Eine zusätzliche Form zur Beschaffung von Fremdkapital ist die Aufnahme einer Anleihenobligation. Diese Finanzierungsform wird bei KMU in der Praxis allerdings nur selten angewendet. Neben der klassischen Anleihenobligation können Wandel- oder Optionsanleihen ausgegeben werden. Bei der Wandelanleihe haben die Obligationäre neben der Verzinsung und der Kapitalrückzahlung zusätzlich das Recht, während einer bestimmten Frist Beteiligungsanteile zu erwerben. Macht der Obligationär von diesem Recht Gebrauch, so geht seine Forderung unter. Aus Sicht der Unternehmung wandelt sich das Fremdkapital zum Zwecke der Sanierungsmassnahmen in Eigenkapital.

(17.02.2011)