Konjunkturprognosen der SECO - Winter 2012/2013

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Moderat positive Konjunkturperspektiven

Auch in der Schweiz wurde die Konjunktur 2012 durch das schwächere weltwirtschaftliche Umfeld gebremst, und die Arbeitslosigkeit nimmt leicht zu. Das BIP-Wachstum blieb indes klar im positiven Bereich (Prognose 2012 +1%). Die kurzfristigen Konjunkturaussichten für die kommenden Monate sind durchzogen, Anzeichen für eine ausgeprägtere Verschlechterung sind aber nach wie vor nicht auszumachen. Vorausgesetzt, dass die Schuldenkrise im Euroraum unter Kontrolle bleibt und die Weltwirtschaft allmählich festeren Tritt fasst, dürfte der schweizerische Konjunkturmotor in den nächsten beiden Jahren zusehends wieder an Fahrt gewinnen. Die Expertengruppe des Bundes behält ihre bisherige Einschätzung bei, dass für 2013 mit einem moderaten BIP-Wachstum (+1,3%) zu rechnen ist, welches sich 2014 festigen dürfte (+2%). Bei der Arbeitslosigkeit muss für 2013 noch von einer weiteren leichten Zunahme ausgegangen werden.

Internationale Konjunktur

Die fragile weltwirtschaftliche Erholung geriet 2012 einmal mehr ins Stocken. Die schlechte Wirtschafts- und Finanzlage im Euro-Raum strahlte vermehrt auf andere Weltregionen, darunter die bislang wachstumsstarken Schwellenländer, aus. Zum Jahresende sind indes neben nach wie vor viel Schatten immerhin auch wieder erste Lichtblicke auszumachen, die für die nächsten beiden Jahre eine allmähliche Verbesserung des internationalen Konjunkturumfelds der Schweiz erwarten lassen.

So haben in der Euro-Schuldenkrise die Massnahmen der EZB (Bereitschaft zum Ankauf von Staatsanleihen der Peripherieländer) zumindest vorübergehend für Entspannung an den Finanzmärkten gesorgt und ein Zeitfenster geschaffen, um glaubwürdige fiskalische und strukturelle Reformen aufzugleisen. Den Euro-Südländern werden von verschiedener Seite (u.a. der OECD) deutliche Fortschritte bei den Strukturreformen und der Verbesserung ihrer Konkurrenzfähigkeit attestiert. Trotz dieser positiven Tendenzen bleiben allerdings die Konjunkturaussichten vorerst noch äusserst gedämpft. Der Euroraum als Ganzes dürfte nach 2012 auch 2013 nochmals einen Wirtschaftsrückgang erleiden und sich erst 2014 zu erholen beginnen. Dahinter verbergen sich wie bisher grosse Länderunterschiede. Vor allem in den krisengeschüttelten Südländern, in denen die fiskalpolitische Konsolidierung und Entschuldungsprozesse im privaten Sektor die Konjunktur stark belasten, ist noch kein Ende der schweren Rezession in Sicht. Demgegenüber stehen in den nicht unter gravierenden Strukturproblemen leidenden Kernländern wie Deutschland die Chancen gut, dass es bei einer vorübergehenden Konjunkturdelle bleibt.

Von den aussereuropäischen Wirtschaftsräumen sind mehrheitlich moderat positive Impulse für die Weltwirtschaft zu erwarten. Für die USA wird allgemein mit einer Fortsetzung der (verhaltenen) Wirtschaftserholung gerechnet. Voraussetzung ist allerdings, dass zwischen den politischen Parteien ein Budgetkompromiss gefunden wird, um kurzfristig eine zu abrupte Fiskalkonsolidierung („fiscal cliff“) mit schädlichen Folgen für die Konjunktur zu verhindern. Die wachstumsstarken Schwellenländer in Asien und anderen Weltregionen, in denen sich die Wachstumsraten 2012 ebenfalls merklich verlangsamten, dürften ihre Schwächephase bald wieder überwinden können. In China etwa deuten die jüngsten Indikatoren darauf hin, dass die Talsohle erreicht ist und die Wirtschaft wieder festeren Tritt zu fassen beginnt.

Konjunkturprognose Schweiz

Die schweizerische Konjunktur wurde 2012 durch das ungünstige aussenwirtschaftliche Wirtschafts- und Währungsumfeld zwar gebremst, jedoch nicht zum Erliegen gebracht. Nach wechselhaftem Quartalsverlauf (negatives 2. Quartal, starkes 3. Quartal) rechnet die Expertengruppe für das Gesamtjahr 2012 mit einem Wirtschaftswachstum von 1% (unveränderte Prognose). Dies ist weniger als in den vorangegangenen Jahren (2010 wuchs die Wirtschaft um 3%, 2011 trotz einsetzender Abkühlung noch um 1,9%), aber deutlich entfernt von einer Rezession, wie sie viele Euro-Länder verzeichnen.

Dass sich die Schweizer Wirtschaft abermals – wie schon in der globalen Finanzkrise 2008/09 – unter schwierigen Bedingungen relativ gut behaupten konnte, ist dem Zusammenspiel aus solider Inlandkonjunktur und der teilweisen Krisenresistenz der Exportwirtschaft zu verdanken. Inlandorientierte Wirtschaftssektoren wie Bau, öffentliche und private Dienstleistungen profitieren von der stetigen Zuwanderung und den tiefen Zinsen. Im Exportbereich ist die Situation generell schwierig, jedoch tragen die Euro-Untergrenze sowie einzelne robuste Branchen wie Pharma und Uhren zur Entschärfung bei. Auf der andern Seite leiden namentlich die MEM-Branchen sowie der Tourismus stark unter der Wirtschafts- und Währungslage und stehen unter erhöhtem Anpassungs- und Margendruck.

Die kurzfristigen Konjunkturaussichten für die kommenden Monate sind durchzogen, Anzeichen für eine krisenhafte Verschlechterung aber nach wie vor nicht auszumachen. Vorausgesetzt, dass die Schuldenkrise im Euroraum unter Kontrolle bleibt und die Weltwirtschaft allmählich festeren Tritt fasst, dürfte der schweizerische Konjunkturmotor in den nächsten beiden Jahren zusehends wieder an Fahrt gewinnen. Für das Jahr 2013 rechnet die Expertengruppe mit einem moderaten BIP-Wachstum von 1,3%, womit die bisherige Prognose (1,4%) nahezu unverändert beibehalten wird. Da der wirtschaftliche Aufschwung sukzessive an Kraft gewinnen dürfte, wird für 2014 ein stärkeres Wachstum von 2% erwartet.

Die Branchenentwicklung dürfte weiterhin heterogen verlaufen, allerdings spricht einiges dafür, dass sich die bislang ausgeprägten Unterschiede zwischen Inland- und Exportsektoren etwas verringern werden. Bei den Exporten scheint die Talsohle durchschritten und 2013 und 2014 dürften allmählich wieder höhere Wachstumsraten erreicht werden. Demgegenüber könnte die Binnenkonjunktur vorübergehend etwas an Fahrt verlieren. So ist für den privaten Konsum angesichts der im Vergleich zu 2012 weniger günstigen Einkommens- und Beschäftigungsaussichten mit einer leicht verlangsamten Expansion auszugehen. Die Unternehmensinvestitionen werden durch die schwächere Kapazitätsauslastung, insbesondere im Industriesektor, gebremst werden. Die Bauwirtschaft dürfte angesichts tiefer Zinsen und wachsender Bevölkerung insbesondere im Hochbau weiterhin Zuwächse verzeichnen.

Die Aussichten für den Arbeitsmarkt haben sich etwas eingetrübt. Zwar nahm die Beschäftigung bis zum Herbst noch deutlich zu, jedoch deuten jüngste Umfragen vermehrt auf eine nachlassende Einstellungsneigung bei vielen Firmen sowohl in der Industrie als auch im Dienstleistungssektor hin. Das Beschäftigungswachstum könnte somit in den kommenden Quartalen vorübergehend zum Erliegen kommen, ehe sich die Konjunktur wieder stärker belebt. Der leichte Anstieg der Arbeitslosigkeit, der Anfang 2012 einsetzte, dürfte sich 2013 noch weiter fortsetzen und 2014 ausklingen. Im Jahresdurchschnitt rechnet die Expertengruppe mit Arbeitslosenquoten von 2,9% für 2012 sowie jeweils 3,3% für 2013 und 2014.

Konjunkturrisiken

Weiterhin sind die internationalen Konjunkturaussichten mit einigen Unsicherheiten behaftet. Zwar ist das Risiko für eine Eskalation der Schuldenkrise im Euroraum durch die erfolgreichen Eindämmungsmassnahmen der letzten Monate gesunken, bewältigt ist die Krise jedoch noch längst nicht. Nicht auszuschliessen ist etwa, dass in den Euro-Krisenländern angesichts der schlechten Wirtschaftslage und sozialer Spannungen die Strukturreformen langsamer vorankommen als erhofft und die Verunsicherung an den Finanzmärkten zurückkehrt. Ein weiteres Risiko betrifft die unklare Budgetsituation in den USA: Das Scheitern einer Kompromisslösung („fiscal cliff“) würde – durch automatisch in Kraft tretende Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen – einen negativen Effekt auf das BIP-Wachstum der USA haben und je nach Ausmass auf die Weltwirtschaft ausstrahlen. Schliesslich ist die erwartete Wiederbelebung des Wachstums in den Schwellenländern derzeit noch mit Unsicherheit behaftet.

Neben diesen negativen Risiken gibt es jedoch auch Aufwärtspotenzial für die internationale Konjunktur. So mehren sich in jüngster Zeit die Anzeichen, dass amerikanische Unternehmen Investitionen aufschieben, bis Klarheit bezüglich den Budgetbeschlüssen besteht. Ein Überwinden der US-Budgetproblematik, aber auch eine anhaltende Beruhigung im Euroraum, könnte somit zu Nachholeffekten bei den Investitionen führen und die internationale Konjunktur stärken.

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Bild: Gerd Altmann/pixelio.de

(SECO, 13.12.2012)