Kaum Chance für hohe Lohnforderungen

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Schlechte Aussichten für hohe Lohnforderungen: Laut Umfrage wollen Schweizer Unternehmen im Schnitt nur 1,5 Prozent mehr zahlen

Die Gewerkschaften stehen mit ihren massiven Lohnforderungen für 2012 auf verlorenem Posten. Im Schnitt dürfte es kaum mehr als 1,5 Prozent geben.

Gewerkschaften und Angestelltenverbände legen im diesjährigen Lohnherbst die Latte sehr hoch. 2 bis 3 Prozent mehr Lohn fordern der Schweizerische Gewerkschaftsbund und die Allbranchengewerkschaft Syna für 2012. Die Gewerkschaften des Bundespersonals wollen 2 Prozent plus Teuerung, die Post-Angestellten 2,5 bis 3 Prozent und der Kaufmännische Verband erwartet gar bis zu 4 Prozent.

Doch die Arbeitnehmervertreter dürften mit ihren Forderungen kaum eine Chance haben. Die Firmen planen viel tiefere Lohnerhöhungen, wie eine aktuelle Umfrage des Lausanner Studienzentrums für Wirtschaftsfragen Cepec zeigt. Um 1,5 Prozent wollen die befragten Firmen die Saläre für 2012 im Durchschnitt erhöhen - und zwar nominal, das heisst inklusive Teuerung. Die Absichten reichen von Nullrunden bis zu maximal 3,6 Prozent in Firmen der Branchen Pharma, Chemie und Kommunikation. Mit durchschnittlich 1,8 Prozent planen Elekrizitätsunternehmen und industrielle Dienste die stärksten Salärerhöhungen, gefolgt von Pharma und Chemie mit 1,55 Prozent. Am wenigsten erhöhen wollen Detailhandel und Nahrungsmittelindustrie mit 1,05 Prozent. An der Umfrage nahmen gut 70 Firmen mit über 200000 Mitarbeitern teil.

Die Eintrübung der Konjunktur schwächt die Position der Gewerkschaften. Die Frankenstärke ruiniert vielen Unternehmen die Margen. Die Konjunkturforscher revidieren ihre Prognosen kräftig nach unten. Im Durchschnitt rechnen sie für die Schweiz nur noch mit 1,2 Prozent Wachstum des Bruttoinlandprodukts für 2012. Bei einem erwarteten Bevölkerungswachstum von 1 Prozent stagniert also das BIP pro Kopf praktisch. Die Konjunktur und die Lage auf dem Arbeitsmarkt beeinflussen die Lohnabschlüsse jeweils stark. Vor allem die Maschinenindustrie rechnet mit wachsenden Schwierigkeiten. Als erster Kanton registriert der Aargau eine Trendwende bei der Kurzarbeit. Die Zahl der bewilligten Gesuche stieg von 8 im Juli auf 25 im August. Der Trend scheint sich im September fortzusetzen.

«Schwierig wird es in jedem Fall», sagt der Zürcher Unia-Mann Franz Cahannes. In Finanzkrisen seien die Verhandlungen immer komplex, weil viel Psychologie mitspiele. «Dass es ein schwieriges Unterfangen wird, ist klar», sagt Beda Moor, bei der Unia verantwortlich für die Industrie. «Man muss sich gut vorbereiten und darf sich von den Krisenargumenten nicht verrückt machen lassen.»

In der Industrie und im Detailhandel zeichnet sich bereits ab, dass es mehr Verhandlungsrunden brauchen wird als in den Vorjahren. «Eine Besonderheit dieses Lohnherbstes ist, dass die Sozialpartner länger als üblich mit Abschlüssen warten», sagt Thomas Daum, Direktor des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, vor allem wegen der unsicheren Konjunkturaussichten. «Die Geschäfte laufen in den verschiedenen Branchen höchst unterschiedlich, deshalb werden auch die Lohnanpassungen höchst unterschiedlich sein», sagt Daum. Von 0 bis 3 Prozent sei alles möglich. «Es wird Nullrunden geben, insbesondere in der Exportindustrie.»

(ots, 28.09.2011)