Nationalrat gegen richterlichen Entscheid zu Initiativen
Der Nationalrat will nicht, dass Volksinitiativen vor Beginn der Unterschriftensammlung von einer richterlichen Instanz für ungültig erklärt werden können. Er hat am 13.04.2011 eine parlamentarische Initiative aus den Reihen der FDP mit 101 zu 47 Stimmen bei 16 Enthaltungen abgelehnt.
Isabelle Moret (FDP/VD) wies vergeblich auf die Nachteile der heutigen Regelung hin. Heute entscheiden National- und Ständerat über die Gültigkeit, und zwar erst nach der Unterschriftensammlung. Für ungültig erklären können sie eine Initiative dann, wenn diese zwingendes Völkerrecht verletzt, etwa das Verbot von Folter, Völkermord oder Sklaverei.
Nach Ansicht von Moret erfolgt die inhaltliche Prüfung von Initiativen zu spät, und das Parlament ist die falsche Instanz. Bei dessen Entscheiden flössen neben rechtlichen auch politische Überlegungen ein, sagte sie. Nur ein Gericht sei in der Lage sicherzustellen, dass eine rein rechtliche Überprüfung stattfinde.
Zum Beispiel das Bundesgericht
Welches Gericht diese Kompetenz erhalten würde, liess der Vorstoss offen. Moret schlug vor, dass es zum Beispiel eine für Verfassungsfragen zuständige Abteilung des Bundesgerichts sein könnte oder das Bundesgericht selbst. Die Mehrheit im Nationalrat überzeugte dies jedoch nicht. Hans Fehr (SVP/ZH) sprach von "Totengräberei an der Demokratie". Mit dem Nein des Nationalrats ist die parlamentarische Initiative vom Tisch.
Auch der Bundesrat hatte sich dagegen ausgesprochen. Justizministerin Simonetta Sommaruga gab zu bedenken, dass ein Drittel der lancierten Volksinitiativen gar nie zustande komme, so dass die richterliche Prüfung umsonst wäre. Ausserdem würde eine solche Prüfung den Beginn der Unterschriftensammlung verzögern.
Warnhinweis auf Unterschriftenbogen
Angenommen hat der Rat ein Postulat seiner Staatspolitischen Kommission, das allerdings bereits erfüllt ist. Der Bundesrat sollte in einem Bericht darlegen, welche Möglichkeiten es zur Prüfung der Gültigkeit von Volksinitiativen gäbe. Diesen Bericht hat er jüngst vorgelegt.
Er schlägt vor, dass die Bundesverwaltung vor Beginn der Unterschriftensammlung eine Einschätzung darüber abgeben könnte, ob eine Initiative mit dem Völkerrecht vereinbar ist. Das Ergebnis würde dann auf dem Unterschriftenbogen vermerkt. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger würden also darauf hingewiesen, dass eine Initiative möglicherweise das Völkerrecht verletzt.
(13.04.2011)