Ex-UBS-Chef Grübel: «Weissgeldstrategie ist das Unwort des Jahres»
Für den früheren Chef von UBS und Credit Suisse (CS) ist das Bankgeschäft nicht mehr das, was es einmal war. «Die Zeiten des Wachstums sind vorbei», sagt Oswald J. Grübel im Interview mit der «Handelszeitung». «Die beiden Schweizer Grossbanken werden ihre Bilanzen halbieren und in den nächsten fünf Jahren kleiner und kleiner werden», so Grübel. Das werde sich auf die gesamte Volkswirtschaft auswirken.
Grosse Zweifel hegt der Vollblutbanker an der Umsetzung der Weissgeldstrategie des Bundesrats. «Weissgeldstrategie? Das ist für mich das Unwort des Jahres», sagt Grübel.
Und weiter: «Bei einer Weissgeldstrategie müssten Sie sicherstellen, dass jemand, der Geld in die Schweiz bringt, es tatsächlich versteuert hat in seiner Heimat und dass er auch in Zukunft Steuern darauf zahlt. Um das zu können, ist ein riesiger administrativer Aufwand nötig - wenn es überhaupt möglich ist. Aber von manchen Staaten kennen Sie ja nicht einmal die Steuergesetzgebung. Das wollen wir einführen?»
Grübel geht davon aus, dass bei einer Umsetzung der Weissgeldstrategie die Zuflüsse an ausländischen Kundengeldern versiegen werden. «Wir spielen mit dem Feuer. Oder glauben Sie, dass noch jemand sein Geld in die Schweiz bringt?», fragt Grübel.
CS mit weniger Bürokratie
Grübel war bis im vergangenen September Konzernchef der UBS und ist nach dem milliardenschweren Betrugsfall eines UBS-Händlers in London freiwillig zurückgetreten. Im Vergleich der beiden Schweizer Grossbanken attestiert er der UBS im Moment eine bessere Verfassung: «Die UBS hat den Vorteil, dass sie die grossen Probleme mit den USA schon hinter sich hat und sich nun gezielter um ihr Geschäft und ihre Zukunft kümmern kann.» Dennoch hält Grübel die Kultur der CS für «spontaner und dynamischer» als diejenige der UBS. «Die CS hatte immer weniger Bürokratie», erklärt Grübel, der beide Grossbanken einst geleitet hat.
Für den gebürtigen Deutschen hat das Schweizer Bankgeheimnis aufgehört, zu existieren. Im Gesetz gebe es das Bankgeheimnis zwar noch, aber in der Praxis habe es «grosse Löcher, seit die Daten-CD nach Deutschland und überallhin verkauft wurden». Darum fragt Grübel: «Wie gut ist ein Gesetz, das Sie nicht mehr durchsetzen können?» Und ergänzt: «Es ist kein gutes Zeichen für einen Staat, wenn er Gesetze erlässt, die er nicht einhält. So wird das Bankgeheimnis zur Farce.»
(ots, 29.02.2012)