Beseitigung der steuerlichen Benachteiligung von Ehepaaren: Vernehmlassung eröffnet
Der Bundesrat will eine Ehepaarbesteuerung, die im Einklang mit der Bundesverfassung steht. Er hat die Vernehmlassung zu einem Bundesgesetz eröffnet, das die steuerliche Benachteiligung von Zweiverdiener- und Rentner-Ehepaaren gegenüber Konkubinatspaaren bei der direkten Bundessteuer beseitigt. Dazu wird eine alternative Steuerberechnung von Amtes wegen vorgenommen.
Verheiratete und unverheiratete Paare werden steuerlich unterschiedlich behandelt. Abhängig von der Höhe und der Verteilung des Einkommens kann sich daraus eine Benachteiligung oder ein Vorteil für Ehepaare ergeben. Wenn Ehepaare gegenüber Konkubinatspaaren steuerlich über 10 Prozent stärker belastet werden, so ist dies laut einem Bundesgerichtsurteil verfassungswidrig. Bei der direkten Bundessteuer bestehen solche Mehrbelastungen für Zweiverdienerehepaare je nach Aufteilung des Einkommens zwischen den Ehegatten ab einem Netto-Erwerbseinkommen von 80‘000 Franken und für Rentnerehepaare bereits ab einem Pensionseinkommen von 50‘000 Franken.
Einführung einer alternativen Steuerberechnung
Der Bundesrat will mit einer so genannten alternativen Steuerberechnung nun gezielt die steuerliche Benachteiligung von Zweiverdiener- und Rentnerehepaaren gegenüber Konkubinatspaaren in gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen abschaffen. Bei diesem Korrekturmechanismus berechnet die Steuerbehörde den Steuerbetrag von Ehepaaren zunächst wie bisher, indem sie die Einkommen der Ehegatten zusammenrechnet und den Verheiratetentarif anwendet. Danach nimmt sie eine alternative Berechnung des Steuerbetrags vor. Erwerbseinkommen und die damit verbundenen Abzüge sowie Renteneinkommen werden dabei den einzelnen Ehegatten individuell zugewiesen. Die übrigen Einkommensarten und Abzüge werden hälftig aufgeteilt. Auf das so berechnete Einkommen wird der Tarif für Alleinstehende angewendet. Der niedrigere der beiden nach diesen Methoden berechneten Beträge wird dem Ehepaar in Rechnung gestellt.
Paare mit Kindern
Die steuerliche Benachteiligung von Ehepaaren im geltenden Recht ist auch auf die übermässige Entlastung von unverheirateten Personen mit Kindern zurückzuführen. Der Bundesrat schlägt vor, Unverheiratete mit Kindern künftig stets zum Grundtarif anstatt zum günstigeren Verheiratetentarif zu besteuern. Damit Alleinerziehende mit tieferen und mittleren Einkommen aber nicht stärker belastet werden, soll ihnen neu ein Abzug in der Höhe von 11‘000 Franken gewährt werden. So kann auch in diesem Bereich ein verfassungskonformer Zustand erreicht werden. Der in der letzten Reform eingeführte Abzug vom Steuerbetrag von 251 Franken pro Kind steht weiterhin allen Eltern unabhängig von ihrem Zivilstand und ihrer Lebensform offen.
Belastungsrelationen zwischen Ein- und Zweiverdienerehepaaren
Im geltenden Recht werden Einverdienerehepaare gegenüber Zweiverdienerehepaaren steuerlich etwas stärker belastet. Dies ist laut bundesgerichtlicher Rechtsprechung bis zu einem gewissen Grad zulässig. Durch die alternative Steuerberechnung würde sich aber der Belastungsunterschied vor allem bei den Steuerpflichtigen mit mittleren und höheren Einkommen verstärken. Diese Einverdienerehepaare werden im Unterschied zu Zweiverdienerehepaaren durch die alternative Steuerberechnung nicht entlastet, da sie gegenüber Konkubinatspaaren bereits im geltenden Recht steuerlich nicht benachteiligt sind. Um die Belastungsunterschiede zwischen Einverdiener- und Zweiverdienerehepaaren in einem akzeptablen Rahmen zu halten, schlägt der Bundesrat vor, bei der direkten Bundessteuer einen Abzug für Einverdienerehepaare von 8‘100 Franken einzuführen.
Auswirkungen der Reform
Mit den vorgeschlagenen Massnahmen möchte der Bundesrat erreichen, dass das Steuerrecht die Wahl von Lebens- und Familienmodellen nicht beeinflusst, sondern dass es sich gegenüber verschiedenen Lebenskonstellationen möglichst neutral verhält. Unter den geprüften Varianten zur Beseitigung der steuerlichen Benachteiligung von Ehepaaren erweist sich die alternative Steuerberechnung als am kostengünstigsten. Sie bringt für die kantonalen Steuerverwaltungen einen Mehraufwand mit sich, nicht aber für die steuerpflichtigen Personen.
Die vorgeschlagenen Massnahmen führen nach Schätzungen des Bundesrates zu einem jährlichen Minderertrag der direkten Bundessteuer von rund 1 Milliarde Franken. Zur Gegenfinanzierung sollen einerseits die Ausgaben gekürzt und andererseits die Einnahmen erhöht werden. Namentlich kommen eine Kürzung der Ausgaben bei gleichzeitiger Erhöhung der Mehrwertsteuersätze oder eine Ausgabenkürzung und der vorübergehende Verzicht auf den Ausgleich der Folgen der kalten Progression in Frage. Die Vernehmlassung dauert bis zum 5. Dezember 2012.
Downloads
- Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (Vorentwurf)
- Erläuternder Bericht zum Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer
- Anhang: Erläuternder Bericht zum Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer
(BR/EFD, 29.08.2012)
Reform der Ehe- und Familienbesteuerung Bis heute kommt ein Teil der verheirateten Rentner- und Zweiverdienerpaare bei der Besteuerung deutlich schlechter weg als gleich situierte Konkubinatspaare. Diese Mehrbelastung widerspricht der Rechtsgleichheit. Dies möchte der Bundesrat korrigieren und schlägt die Einführung einer alternativen Steuerberechnung und eine Anpassung in der Besteuerung von Alleinerziehenden vor. Die vorgeschlagene Massnahmen dürften nach Schätzungen des Bundesrates zu einem jährlichen Minderertrag der direkten Bundessteuer von rund einer Milliarde Franken führen. Dieser muss durch Ausgabenkürzungen oder Erhöhung anderer Steuern kompensiert werden. In Frage kommt auch der vorübergehende Verzicht auf den Ausgleich der Folgen der kalten Progression. Das Eidgenössische Finanzdepartement hat eine entsprechende Vernehmlassungsvorlage ausgearbeitet. Die Vernehmlassung dauert noch bis zum 5. Dezember 2012. Der Bundesrat möchte mit den vorgeschlagenen Massnahmen erreichen, dass das Steuerrecht die Wahl von Lebens- und Familienmodellen nicht beeinflusst, sondern dass es sich gegenüber verschiedenen Lebenskonstellationen möglichst neutral verhält. Aus diesem Grund möchte er die Kinderselbstbetreuung steuerlich nicht fördern. Er hat sich deshalb gegen die von der SVP eingereichte „Familieninitiative: Steuerabzüge auch für Eltern, die ihre Kinder selber betreuen" ausgesprochen. Im Juli 2012 hat er die entsprechende Botschaft verabschiedet. Download |
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