Bundesrat will Anwohner von Bahnlinien noch besser vor Lärm schützen
Der Bundesrat hat am 30. November 2012 ein zusätzliches Massnahmenpaket gegen den Eisenbahnlärm beschlossen und dem Parlament überwiesen. Wichtigstes Instrument sind neue Lärmgrenzwerte für Güterwagen. Damit werden ab 2020 Fahrten mit lärmigen Güterwagen auf dem Schweizer Bahnnetz faktisch verboten. Zusammen mit weiteren Massnahmen erhöht sich die Zahl der Personen, die vor übermässigem Bahnlärm geschützt werden können, von 170'000 auf rund 220'000. In der Vernehmlassung stiess die Vorlage auf ein überwiegend positives Echo.
1998 hiess das Stimmvolk in der Abstimmung über den Fonds für Bau und Finanzierung von Infrastrukturvorhaben des öffentlichen Verkehrs (FinöV-Fonds) einen Kredit von 1,85 Milliarden Franken für Massnahmen gegen den Eisenbahnlärm gut. Das Programm ist auf Kurs und wird bis Ende 2015 abgeschlossen. Alle schweizerischen Güterwagen werden bis zu diesem Zeitpunkt lärmsaniert sein. Zudem wird bis dann der Bau von Lärmschutzwänden und der Einbau von Schallschutzfenstern nach den bisher geltenden Kriterien abgeschlossen sein. Trotz dieser Massnahmen leidet ein Teil der Anwohner weiterhin unter Bahnlärm.
Im Auftrag des Parlaments hat der Bundesrat deshalb ein ergänzendes Massnahmenpaket erarbeitet. Mit diesem Paket werden weitere 50'000 Personen vor übermässigem Bahnlärm geschützt. Es sieht als zentrale Massnahme neue Lärmgrenzwerte vor, womit laute Wagen mit Grauguss-Bremssohlen ab dem Jahr 2020 in der Schweiz faktisch verboten werden. Die neuen Emissionsgrenzwerte haben das mit Abstand grösste Potenzial, den Schutz der Bahnanwohner weiter zu verbessern.
Ergänzend hat der Bundesrat folgende Massnahmen beschlossen:
- Wo besonders viele Personen dem Eisenbahnlärm ausgesetzt sind, sollen Schienenschallabsorber eingesetzt und die Schienen durch Schleifen glatt gehalten werden.
- Lücken zwischen bestehenden Lärmschutzwänden sollen geschlossen werden, wenn dies die Wirkung deutlich verbessert.
- Es sollen weitere Stahlbrücken saniert werden.
- Der Bundesrat will die Entwicklung, Erprobung und Zulassung von Rollmaterial und Infrastrukturkomponenten, die besonders leise sind, finanziell fördern.
In der Vernehmlassung stiessen die Vorschläge des Bundesrats bei Kantonen, Parteien und Verbänden auf ein überwiegend positives Echo. Verschiedene Akteure forderten sogar eine frühere Inkraftsetzung der neuen Grenzwerte. Auch der Bahnsektor unterstützt die Stossrichtung des Bundesrats. Er befürchtet aber, dass im Jahr 2020 in Europa zu wenig leises Rollmaterial für den Verkehr durch die Schweiz zur Verfügung stehen könnte. Der Bundesrat hält diese Bedenken für unbegründet, unter anderem, weil mit der bereits beschlossenen Senkung der Trassenpreise für leise Fahrzeuge in der Schweiz und der Einführung eines Lärmbonus in Deutschland bereits heute ein finanzieller Anreiz für die Umrüstung besteht.
Im Notifikationsverfahren hat auch die EU Vorbehalte angemeldet. Sie zieht zwar selbst ein Verbot lärmiger Güterwagen in Betracht, will aber zuerst die Folgen abschätzen und die geeignete Rechtsform prüfen. Sie bat deshalb die Schweiz, den Beschluss über neue Lärmgrenzwerte auf 2014 zu verschieben. Der Bundesrat will indes nicht so lange zuwarten. Aus seiner Sicht sind wirksame Massnahmen gegen den Eisenbahnlärm unabdingbar, um die Akzeptanz des Schienengüterverkehrs und damit auch der Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs sicherzustellen. Nach Meinung des Bundesrats muss die Lärmsanierung ausländischer Güterwagen jetzt eingeleitet und die Erneuerung der internationalen Wagenflotten beschleunigt werden. Nur so kann die Schweiz erreichen, dass nach Inbetriebnahme des Gotthard- und Ceneri-Basistunnels auf der neuen durchgehenden Flachbahn auf der Gotthard-Achse nur noch leises Rollmaterial verkehrt. Die Übergangsfrist bis 2020 ermöglicht es der Güterverkehrsbranche, sich rechtzeitig darauf vorzubereiten. Der Bundesrat soll die Kompetenz erhalten, die Einführung der Grenzwerte um maximal zwei Jahre zu verschieben, falls wichtige Gründe dies erforderlich machen sollten.
Insgesamt kosten die vom Bundesrat neu vorgeschlagenen Massnahmen 185 Millionen Franken. Damit kann der ursprüngliche FinöV-Kredit für die Lärmsanierung um 339 Millionen Franken gekürzt werden (beide Zahlen mit Preisstand 1998). Dadurch stehen dem geplanten Bahninfrastrukturfonds (BIF), welcher den FinöV-Fonds 2017 ablösen soll, in den ersten zehn Jahren 20 bis 30 Millionen Franken zusätzlich zur Verfügung. Dieses Geld ist in der Vorlage zu Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur (FABI) bereits eingerechnet.
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Foto: © SBB
(BR, 30.11.2012)